Praxisrelevanter Steckbrief Zink

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Chemie und Eigenschaften

Zink ist ein zweiwertiges Schwermetall, das im Gegensatz zu Kupfer oder Eisen nicht direkt an Redoxreaktionen beteiligt ist. Das essentielle Spurenelement fördert Wachstum und Reifung, es ist am Kohlenhydrat-, Lipid-, Protein-, Porphyrin-, DNA-, RNA- und am Hormonstoffwechsel beteiligt. Zink ist unentbehrlich für den Säure-Basen- und Enzymhaushalt.

 

Resorption

Zink wird im Wesentlichen durch aktiven und passiven Transport im Jejunum und Duodenum resorbiert. Die Zinkresorption unterliegt einem Regelkreis:
– Ist die Versorgungssituation des Körpers mit Zink gut, so ist die Resorptionsrate von Zink aus der Nahrung niedrig.
– Ist die Versorgungssituation des Körpers mit Zink schlecht, so ist die Resorptionsrate von Zink aus der Nahrung hoch.
Auch für Zink gilt, dass inadäquate Zufuhren sinnlos sind. Niedermolekulare Komplexbildner wie Aminosäuren und Citrat fördern die Zinkresorption, höhere Dosen von Kupfer, Eisen, Kalzium, Phosphat, Phytinsäure in Getreide, Ballaststoffe und Schwermetalle behindern die Zinkaufnahme.

 

Verteilung

Zink findet sich in allen Körperkompartimenten. Ca. ¼ des Zinks liegt im Plasma an Albumin und andere Transportproteine gebunden vor. Ein Großteil des Plasmazinks wird von der Leber aufgenommen und an Metallothioneine gebunden, die Zink für seine vielfältigen Funktionen bereitstellen. Adrenerge und steroidale Hormone können im Bedarfsfall (Krankheit, Belastung) eine Zinkumverteilung in jedes beliebige Organ bewirken. ¾ des resorbierten Zinks befinden sich in zellulären Blutbestandteilen. Unter physiologischen Bedingungen wird Zink mit den Fäzes ausgeschieden.

 

Biochemische Funktion

Hormonelle Funktion

Zink ist am Stoffwechsel von Schilddrüsenhormonen, Wachstumshormonen, Insulin und Prostaglandinen beteiligt. Über die zinkvermittelte Bildung von Testosteron beeinflusst es die Entwicklung und Reifung männlicher Geschlechtsorgane sowie die Spermatogenese.

 

Antioxidative Funktion

Zink schützt die Zellen durch seine Beteiligung an der SOD (= Superoxiddismutase) vor radikalischen Angriffen, und zwar in allen Zellen und Organellen mit Ausnahme der Mitochondrien (dort sind die SOD manganabhängig). Als Antagonist von Eisen und Kupfer reduziert es deren Reaktivität im Prozess der Radikalenbildung (z.B. bei rheumatoider Arthritis). Das Vorhandensein des Hydroxylradikalenfängers Metallothionein und des reduzierten Glutathions (Antioxidans) in den Zellen ist zinkabhängig, da sie Zink für ihre Funktion als Radikalenfänger benötigen.


Immunmodulation

Die Aktivität der T-Helfer-, T-Killerzellen und Natural-Killerzellen hängt von einer ausreichenden Zinkversorgung ab. Im Tierversuch führt eine Mangelversorgung an Zink zu Thymusatrophie und nachfolgender Verarmung an T-Lymphozyten. Ähnlich wie bei den T-Zellen ist die Ausbildung etlicher Lymphokine an eine ausreichende Zinkversorgung gebunden. Makrophagen entfalten ihre volle Wirkung nur bei ausreichender Zinkversorgung.

 

Vitamin-A-Stoffwechsel

Zink wird zur Synthese des retinolbindenden Proteins benötigt. Ein langfristigerer, erheblicher Zinkmangel kann somit auch einen klinisch manifesten Vitamin-A-Mangel bewirken.


Haut und Hautanhangsgebilde

Zink ist für die normale Funktion von Haut, Haaren und Nägeln unerlässlich. Es beeinflusst die Umwandlung vom Stratum germinativum (innerste Schicht) zum Statum corneum (äußere Schicht) der Haut und ist maßgeblich an der Strukturfestigkeit von Nägeln und Haaren beteiligt.

 

Normalwerte und Bestimmung

Zink kann über verschiedene biochemische Testverfahren aus Körperflüssigkeiten bestimmt werden:

Zinkspiegel im Plasma: 13–20 μmol/l
Zinkspiegel im Haar: 135–245 μg/g

 

Versorgungssituation

Da Resorption und Bioverfügbarkeit von Zink aus tierischen Produkten im Vergleich zu pflanzlichen wesentlich besser sind, ist bei rein vegetarischer Ernährung bereits bei Gesunden mit Zinkmängeln zu rechnen. Von einem latenten Zinkmangel sind auch Kinder, Jugendliche, Schwangere, Stillende und ältere Menschen häufig betroffen. Neue statistische Untersuchungen deuten auf weit verbreitete latente Defizite in großen Teilen der Bevölkerung hin. Schwere Zinkmangelzustände sind in unserer Region selten, können aber hin und wieder (z.B. bei Magersüchtigen) beobachtet werden.

 

Klinische Symptomatik

Ursachen eines Zinkmangels

Mangelhafte Zinkzufuhr

• Bestimmte Personengruppen: Säuglinge mit Kuhmilch-Ernährung, Senioren
• Ernährung: Reduktionsdiäten, rein vegetarische Ernährung, Ernährung ausschließlich über Großküchen (z.B. in Altersheimen), parenterale Ernährung, einseitige Ernährung z.B. aus religiösen Gründen
• Anorexia nervosa, Bulimie
• Alkoholismus
• Schwermetallbelastung

Verminderte Zinkresorption

• Darmerkrankungen: chronisch entzündliche Darmerkrankungen (Colitis ulcerosa und M. Crohn), Darmtumore
• Laxanzienabusus
• Pankreas- und Lebererkrankungen: Pankreatitis, Hepatitis, Fettstühle (z.B. durch Orlistat)
• Ernährung: hohe Zufuhr an Kalzium, Phosphor, Oxalsäure und/oder Phytin, rein vegetarische Ernährung
• Acrodermatitis enteropathica: genetisch bedingte autosomal-rezessive Zinkmangelkrankheit

Erhöhte Zinkverluste

• Erkrankungen: Nierenfunktionsstörungen, Diabetes mellitus, Anämie, Psoriasis (Abschilferung zinkreicher Hautzellen)
• Elektrolytverluste: starkes Schwitzen, chronische Diarrhö
• Medikamente und Therapie: v.a. Antibiotika, Steroide, orale Kontrazeptiva, Chelat- und Diuretikatherapie
• Alkoholabusus

Erhöhter Zinkverbrauch:

• Schwangerschaft, Stillzeit
• Chronisch entzündliche, Autoimmun- und Tumorerkrankungen

Verschiedene beeinflussende Faktoren

• Traumata und postoperative Zustände: Verbrennungen (z.T. sehr hoher Verbrauch und Verluste), Frischoperierte (erhöhter Verbrauch und Verluste)
• Malignompatienten: Verbrauch erhöht, Resorption erniedrigt, z.T. hohe Verluste
• Infektionen und Intoxikationen: akute Infektionen der Atemwege, hoher Zinkbedarf bei Intoxikationen, durch Agens meist reduzierte Zinkaufnahme
• Lebererkrankungen: hoher Verbrauch und Resorptionsstörungen
• Myokardinfarkt und koronare Herzkrankheit: hoher Zinkbedarf und meist reduzierte Resorption (aufgrund der erforderlichen Medikamente)
• Sichelzellanämie: erhöhte Zinkausscheidung über die Niere und kontinuierliche Verluste aus den Erythrozyten

 

Mangelsymptome

Fertilität

Die Testosteronbildung durch die Leydigzellen und die Umwandlung in aktives Dihydrotestosteron erfordern ausreichende Zinkvorräte. Ein Zinkmangel führt dauerhaft zur Unfruchtbarkeit des Mannes aufgrund der Gonadenunterfunktion und Oligospermie.

Haut und Haare

Zinkmangel ruft Wundheilungsstörungen und Schleimhautveränderungen vor, da Zink zum Aufbau bzw. zur Degradation von Bindegewebe erforderlich ist. Zudem können Akne-ähnlichen Symptome und eine verstärkte Verhornungstendenz auftreten. Durch altersbedingte Ulzera, die sich v.a. bei Bewohnern von Altersheimen durch verminderte Zufuhr von Mikronährstoffen entwickeln, erhöht sich gleichzeitig der Zinkverlust. Eine Zinksubstitution bei Ulkus-Patienten kann schnell zur Besserung der Beschwerden beitragen. Bei Acrodermatitis enteropathica ist die Zinkresorption, genetisch bedingt, gestört. Wird kein Zink substituiert, entwickeln sich erythematöse, pustulös-papulöse Hautveränderungen. Zinkmangel führt zu fortschreitendem, kreisrundem Haarausfall, der nach Substitution reversibel ist.

Stoffwechsel

Aufgrund der vielfältigen Stoffwechselfunktionen von Zink kommt es bei Zinkmangel rasch zu latenten Mangelsymptomen: Die Patienten erscheinen kachektisch und berichten über einen Gewichtsverlust trotz erhöhter Nahrungszufuhr.
Dauerhafter Zinkmangel führt zu einem Versagen der β-Zellen im Pankreas. In der Folge entwickelt sich ein Altersdiabetes. Diabetiker sind meist durch eine enorm verstärkte Zinkausscheidung im Urin von einem Zinkmangel betroffen.

Immunsystem

Zink ist für die Immunhomöostase, d.h. für die meisten Abwehrfunktionen unerlässlich. Es steuert die Lymphozytenproliferation und die Blastogenese der B-Zellen. Zink ist integraler Bestandteil des Peptidhormons Thymulin, das die Reifung der T-Lymphozyten in der Thymusdrüse garantiert. Zudem ist die Stimulierbarkeit der Lymphozyten Voraussetzung für die Freisetzung von Zytokinen, den wichtigsten Kommunikationsmitteln für Abwehrreaktionen. Zink spielt auch bei der Aufrechterhaltung der verschiedenen T-Zellpopulationen in ausgewogener Menge eine wichtige Rolle; nur dadurch ist die Funktionsfähigkeit des Immunsystems gewährleistet. In der unspezifischen Immunabwehr, der Phagozytose und Komplementaktivierung ist Zink aktivierender Faktor. Durch Hemmung der zellulären Abwehr kommt es zu einer verstärkten Infektanfälligkeit und evtl. zur Ausbildung eines CFS-Syndroms.

Blut

Da Zink für verschiedene Blutzellen ein wichtiger Bestandteil ist, verursacht Zinkmangel eine chronische Anämie und Blutgerinnungsstörungen.

Sinnesorgane

Bei Zinkmangel sind Geruchs- und Geschmacksempfindung z.T. derart reduziert, dass nur noch extreme Gerüche (z.B. Essig) wahrgenommen werden können. Die Sehkraft ist bei einem Zinkdefizit häufig vermindert. Typisch für einen Zinkmangel sind v.a. Nachtblindheit und Dunkeladaptationsstörungen. Nicht selten sind die beschriebenen Sehstörungen mit Innenohrschwerhörigkeit kombiniert.

Wachstum

Aufgrund der hormonellen Wirkungen geht ein Zinkmangel mit Wachstumsstörungen, Wachstumsverzögerungen und verspäteter sexueller Entwicklung einher.

Zentralnervensystem

Bei Zinkmangel treten verstärkt Depressionen, Psychosen, Schizophrenie, Lethargie, Aggressivität, Hyperaktivität und Lernschwäche auf.

Symptome bei Überdosierung

Mit Symptomen einer Überdosierung ist nicht zu rechnen. Im Tierversuch zeigten sich toxische Reaktionen erst ab einer Zufuhr von 500 mg/kg KG. Bei Dosierungen von über 30 mg/Tag über einen längeren Zeitraum müssen Wechselwirkungen mit Kupfer, Eisen, Mangan und Kalzium beachtet werden.

Anwendungsgebiete

Anwendungsmöglichkeiten für Zink in der täglichen Praxis ergeben sich bereits bei Betrachtung der Mangelsymptome. Aufgrund der besonderen Bedeutung von Zink sollte generell eine Supplementation von 10 mg/Tag erwogen werden.

Erhöhter Bedarf

• Schnelles Wachstum: Schwangerschaft, Stillzeit, Kindheit und Jugend
• Ernährung: vegetarische Ernährung und chronisches Fasten
• Darm- und Pankreaserkrankungen: entzündliche Darmerkrankungen (z.B. Morbus Crohn, Colitis ulcerosa), Diarrhö, Pankreasinsuffizienz
• Alkoholabusus
• Erkrankungen: Diabetes mellitus, Acrodermatitis enteropathica, Leber- und Nierenerkrankungen, chronische Infektionen und Entzündungen (z.B. rheumatische Arthritis)
• Hohe Kalziumzufuhr durch Supplemente

 

Indikationen

Diabetes mellitus

Ein Zinkmangel wirkt sich negativ auf die Leistungsfähigkeit der B-Zellen des Pankreas aus. Durch Zinksupplementation wird die Restleistungsfähigkeit der B-Zellen gesteigert. I.d.R. kommt es zu einer Stabilisierung der Zuckereinstellung und zu einer Abnahme der Gesamtglukose und des HbA1c im Serum. Da Zink viele Folgeerkrankungen eines Diabetes mellitus lindern kann, ist sein Einsatz auch bei aufgehobener Insulinproduktion des Pankreas sinnvoll. Diabetiker sollten 20–40 mg Zink am Tag ergänzen.
Zink interagiert in vielen Funktionen mit anderen Mikronährstoffen und sollte daher nicht als Monotherapie eingesetzt werden.

Wundheilung
Es ist mittlerweile unumstritten, dass traumatische oder chirurgische Wunden wesentlich besser heilen, wenn Zink oral und lokal zugeführt wird. Besonders Brandverletzte können erhebliche Mengen an Zink über ihre Wunden verlieren und sogar systemische Zinkmangelsymptome entwickeln. Je nach Größe der Wunden sollten 10–40 mg Zink am Tag ergänzt werden und lokal Zinksalben aufgetragen werden.

Augenerkrankungen

Da das Transportprotein des Vitamin A, das retinolbindende Protein, zinkabhängig ist, verursacht Zinkmangel Symptome eines Vitamin-A-Mangels. Menschen mit Nachtblindheit oder ungenügender Dunkeladaptation können von einer Zinksubstitution profitieren. Scheinbar ist ein schleichender Zinkverlust im Alter mit der in dieser Phase häufig auftretenden Makuladegeneration assoziiert. Diesbezügliche Untersuchungen sind jedoch noch nicht abgeschlossen. Bei bestehenden Augenerkrankungen empfiehlt sich die Einnahme von 10–30 mg Zink am Tag.

Hauterkrankungen, Haare

Schuppende Hauterkrankungen wie Psoriasis können erhebliche Zinkverluste (durch die abfallenden Schuppen) hervorrufen. Bei diesen Patienten ist die Zinksubstitution obligat. Auch bei nahezu allen anderen Hautkrankheiten hat sich der Einsatz von Zink bewährt. Bei Aknepatienten erreicht Zink dieselbe Wirkung wie Antibiotika, ohne deren Nebenwirkungen.
Bei Haarausfall ist ein Therapieversuch mit Zink angezeigt. Inwiefern dadurch eine evtl. Schwermetallbelastung therapiert oder immunmodulatorische Effekte induziert werden können, ist unklar. Im dermatologischen Bereich haben sich Dosierungen von 10–40 mg Zink am Tag bewährt.

Infektionen und Immunsystem

Zink darf aufgrund seiner immunmodulatorischen Eigenschaften bei der Behandlung akuter und chronischer Infekte nicht fehlen. Auch Patienten mit einem CFS-Syndrom ( 6.10.3) profitieren i.d.R. von einer Zinksubstitution. Bei banalen Infekten mit Rhinoviren wird die Krankheitsdauer verkürzt und der Verlauf abgemildert. Diese Ergebnisse lassen sich optimieren, wenn weitere Mikronährstoffe, v.a. Vitamin C, supplementiert werden. Es sollten täglich 10–30 mg Zink zugeführt werden.
Bei rheumatischen Patienten bewirkt die Zinksubstitution wohl am ehesten über immunologische Prozesse eine Schmerzreduzierung.
Steroidale und nichtsteroidale Antirheumatika können den Zinkspiegel drastisch reduzieren.

Niereninsuffizienz/Hämodialyse

Die starken renalen Zinkverluste bei Patienten mit chronischer Niereninsuffizienz oder Hämodialyse bedingen wiederum die hohe Infektanfälligkeit der Patienten. Im Rahmen einer randomisierten Doppelblindstudie konnte nachgewiesen werden, dass durch die Supplementation mit Zink eine signifikante Besserung der Immunfunktion zu erzielen war. Die Anzahl der B-Lymphozyten stieg an, das Verhältnis der T-Helfer- und Suppressorzellen normalisierte sich.

Schwangerschaft und Fertilitätsstörungen

Neben Fertilitätsstörungen beim Mann sind Schwangerschaftskomplikationen wie z.B. Plazentaablösung, Früh- oder Fehlgeburt sowie kindliche Fehlbildungen mit einem Zinkmangel assoziiert. Da Zink auch das Wachstum und die Entwicklung des Föten beeinflusst, muss es in der Schwangerschaft und Stillzeit ausreichend supplementiert werden. Dosierungen von 10–40 mg am Tag sind hier erforderlich.

Alkoholabusus

Chronische Alkoholiker scheiden enorme Mengen an Zink über die Nieren aus. Gleichzeitig ist bei ihnen die Resorption stark beeinträchtigt, manifeste Zinkmangelzustände sind die Folge. Zusätzlich zur Alkoholkarenz ist zwingend eine Zinksubstitution erforderlich. Alkoholiker benötigen 20–60 mg Zink am Tag.

Psychiatrie

Histadelie und Histapenie sind mit einem erhöhten Kupferspiegel assoziiert. Da Zink ein Kupferantagonist ist, können die Folgen der oben erwähnten Erkrankungen durch Zinkzusatz gebessert werden. Auch bei Pyrrolurie-Patienten ist aufgrund der renalen Zinkverluste eine Zinksubstitution sinnvoll. Generell sollte bei psychiatrischen Krankheitsbildern 10–30 mg Zink am Tag substituiert werden.